„Bei dir scheint es endlich wieder aufwärts zu gehen“, sagte sie gestern Nacht mit einem Lächeln zu mir, als wir noch gemütlich in der Küche saßen. „Und das ist echt schön, zu sehen.“ Ja, so ist es wohl.
Gerade in den letzten Tagen gab es einiges an positivem Feedback für die kleine Zweiflerin in mir. Das ist natürlich etwas beängstigend, wenn man damit so gar nicht gerechnet hat. ;-) Ab und zu meldet sie sich trotzdem noch zu Wort. Es kann ja auch nicht sein, dass plötzlich alles so rund läuft. Sie wartet immer noch auf das böse Erwachen – dieses Mal aber hoffentlich vergeblich.
Warum muss man sich eigentlich immer genau dann mit gewissen Dingen auseinander setzen, wenn man sie einfach nur noch vergessen will? Und wenn man sich dann sogar dazu zwingt, warum kann dann nicht wenigstens mal alles glatt laufen? Weil du von diesen Dingen zu wenig Ahnung hast, Kleine. Oder grade keine Ahnung davon haben willst. Der Wunsch zur Verdrängung und die Notwendigkeit, gewisse Dinge zu regeln, passen nun mal nicht zusammen.
Ich versuche ja, tapfer zu sein, aber die Wunden sind noch zu frisch. Heute gab es zur Abwechslung gleich noch zwei Schläge gegen das wankende Gerüst namens Selbstbewusstsein. Könnte mich mal jemand in Watte packen, bitte?!
Körpersprache ist verräterisch. In letzter Zeit sitze ich meist mit verschränkten Armen da. Abwehrhaltung. Allerdings mache ich das auch in Situationen, in denen ich diese Abwehrhaltung überhaupt nicht bräuchte. Wenn ich allein bin oder bei Menschen, denen ich mich sehr nah fühle. Sogar dann, wenn wir uns gerade über Körpersprache unterhalten.
Neulich war eine solche Situation, in der mir plötzlich bewusst wurde, dass ich schon die ganze Zeit mit verschränkten Armen da saß. Und es kam mir sehr seltsam vor. Schließlich fühlte ich mich doch wohl bei meinem Gegenüber.
Im Nachhinein ist mir etwas klar geworden: Ich fühlte mich nicht wohl mit mir selbst. Und es ist auch keine Abwehrhaltung einem anderen Menschen gegenüber, sondern eher das Gefühl, mich selbst festhalten zu müssen. Um zu spüren, dass ich noch da bin. Damit ich mir während dieser Achterbahnfahrt nicht selbst unterwegs verloren gehe.
Das beschreibt wohl am besten, was ich gestern Nacht gemacht habe. Zu zweit mit Freundin auf dem Sofa rum gehangen und alles in uns reingestopft, was wir finden konnten. Und das war so Einiges (sie war vorher einkaufen gegangen, es steckte also offenbar volle Absicht dahinter). Zusammenfassung: Schokolade, Eis, Käse mit Trauben und Gewürzgurken, Apfelkuchen, Tacos mit Salsa. In dieser Reihenfolge. Dazwischen noch andere (alkoholische) Schweinereien.
Zum Frühstück gab es heute übrigens Spaghetti mit Tomatensoße. Das war so gegen 15 Uhr. ;-)
War gerade dabei, ins Reich der Träume abzugleiten, da bin ich wieder aufgeschreckt. Durch einen dumpfen Knall im Innenhof. Es muss kurz nach 3 Uhr gewesen sein. Und ich war hellwach.
Blick aus dem Fenster auf einen schmutzig-gelben Himmel. Seltsame Farbe für 3 Uhr nachts… Die Geräusche, die dann folgten, konnte ich nicht einordnen. Aber sie waren unheimlich. Hatte plötzlich das Bild von jemandem im Kopf, der an der Hauswand hochklettert. Wäre das überhaupt möglich? Über die Regenrinne vielleicht? Beruhige dich, sagte ich zu mir selbst. Das ist Mariucas Leben und nicht ein Film über Wesen mit Superkräften. Andererseits: Ist mein Leben nicht im letzten Jahr auch wie ein schlechter Film gewesen?!
Schaue Richtung Fenster. Würde mich nicht wundern, wenn da gleich eine fiese Fratze erscheint, die zu mir in die Wohnung einsteigen will. Habe Angst. Überlege, wen ich zu dieser späten Stunde noch anrufen kann. Verwerfe den Gedanken wieder. Bin doch grade nur paranoid!
Schlafe gewöhnlich bei offenem Fenster. Diese Nacht nicht. Und meine Zimmertür habe ich auch abgeschlossen.
Die Klauen der Bürokratie haben nach mir gegriffen und seit heute bin ich wieder eine Zahl in ihrem System. Mit eigener Akte. Ließ sich leider nicht vermeiden. Es wird aber nur ein vorübergehender Zustand sein.
Gleich am Eingang der Behörde wurde mir unmissverständlich klargemacht, wer hier das Sagen hat. Nämlich ein älterer Mann in Security-Uniform mit griesgrämiger Miene. Schlecht gelaunt versperrte er mir den Weg, als ich freundlich grüßend an ihm vorbei gehen und das Gebäude betreten wollte. „Haben Sie einen Termin?!“, kam es unwirsch aus seinem Mund. Ich bejahte, in der naiven Annahme, nun weiter gehen zu dürfen. „Kann ich den Nachweis dafür sehen?!!“ Nachweis? Klar, ich fahre gern durch die halbe Stadt zu einer Behörde, um mich dort wie der letzte Bittsteller behandeln zu lassen! Auch ohne Termin! Kann mir nichts Schöneres vorstellen. Da das aber offenbar nicht als Grund akzeptiert worden wäre, mich einfach in Ruhe zu lassen oder ich wohl aussehe wie eine gemeingefährliche Bombenlegerin, kramte ich den Wisch, der meine rechtmäßige Anwesenheit belegte, hervor. Damit war der Mann zufrieden.
Und ich habe meinen Termin erfolgreich hinter mich gebracht und brav meine Daten in Form von 20 Formularen plus Nachweisen abgegeben. Eine Bombe habe ich übrigens nicht gelegt.
Date oder nicht Date – das ist hier die Frage. Habe mich nach zig Anläufen mit einem wirklich tollen Mann getroffen. Wir mögen uns sehr, so viel scheint klar zu sein. Unklar ist allerdings, auf welche Art. Es gibt Anzeichen für beide möglichen Varianten – was es nicht gerade leichter macht.
Vielleicht sollte ich mich einfach über das schöne Gefühl freuen, ein bisschen verliebt zu sein. Andererseits habe ich Angst vor dem Absturz.
Das wird nach einem halben Jahr auch langsam Zeit, könnte man meinen. Aber irgendwie waren diese letzten sechs Monate einfach zu vollgestopft mit Arbeit, als dass ich Zeit gehabt hätte, einfach mal durch die Straßen zu schlendern. Von A nach B zu laufen, diente allein dem Zweck, in B anzukommen und dort was-auch-immer zu erledigen. Was zwischen Ausgangsort und Ziel liegt, habe ich gar nicht richtig wahrgenommen.
Jetzt habe ich die Zeit, einfach mal so in der Gegend herum zu laufen, auch mal Umwege zu gehen, über Trödelmärkte zu schlendern. Und all das habe ich gestern getan. Fange gerade an, Verbindungslinien zwischen A und B zu ziehen. Es gibt doch tatsächlich mehr als einen Weg, der dort hinführt. Und diese Wege haben sogar Namen! ;-)